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Neue Wege gehen

DIE WELT, March 28, 2001, WebWelt

Im Internet-Zeitalter muss man auf andere Art erzählen, meint die Medienberaterin Inga von Staden Von Martin Köhler Bei Film und Fernsehen ist man etwas verunsichert. Kunst und Kommerz bei den Audiovisuellen wurden stets auch von technischen Innovationen beeinflusst. Allerdings könnte man meinen, dass die Entwicklung im Bereich Multimedia die Branche bislang nicht so recht hat erreichen können. Im Kino und im Fernsehsessel sitzt man und schaut. Und zappt womöglich, überbrückt die Werbepausen mit Nahrungsaufnahme: Das war's aber auch. Das kann's aber nicht sein, meint die Medienberaterin Inga von Staden. Mit digitaler Technik können heute schon im Heimbetrieb Dinge getan werden, für die es früher Millionenbudgets brauchte. Computergenerierte Szenarien, ob fotorealistische Nachahmung von Realität oder virtuelle Traumwelten, sind - dank sinkender Hard- und Softwarekosten - in ein paar Jahren auch für Produktionen ohne großes Geld machbar und finanzierbar. Spätestens dann wird sich auch für hiesige Drehbuchautoren, Dramaturgen und Produzenten die Frage stellen: Erfordern neue Technologien auch neue Formen des Erzählens? Da wäre es nicht das Schlechteste, sich mal an Inga von Staden zu wenden. Seit über zwölf Jahren im Mediengeschäft, ist ihr Arbeitsschwerpunkt mittlerweile die Beratung bei der Entwicklung von zeitgemäßen Stoffen für die neuen Medien. Als freie Dozentin zum Thema "Dramaturgie interaktiver Applikationen" hält sie in ganz Deutschland Seminare an Filmhochschulen und privaten Akademien. Worum geht es? Von Staden ist felsenfest davon überzeugt, dass die virtuellen Technologien andere Erzählstrukturen erfordern. Weg vom linearen und hin zum nonlinearen Inhalt. "Der interessierte Zuschauer - oder neudeutsch: User - will verstärkt in die Fiktion miteinbezogen werden, sich in einer Geschichte bewähren, sie aktiv mitbestimmen." Eine neue Form des Rollenspiels, des sich Hineinversetzens in andere nuancierte Charaktere und Fantasy-Welten innerhalb "offener Erzählnetzwerke" werde sich in On- und Offline-Medien durchsetzen, meint von Staden. Computerspiele der neuesten Generation, in denen nicht Geschicklichkeit, sondern soziale Interaktion im Vordergrund stünden, gäben dabei die Richtung vor. Den großen Medienunternehmen wie Film- und Fernsehproduktionen oder Verlagen will sie klarmachen, dass aus der Konvergenz der Technik schließlich die Konvergenz der Inhalte folgt. "Auch klassisch geschulte Autoren müssen sich im Vorfeld Gedanken machen, wie ihre Ideen beispielsweise für eine TV-Serie auch auf anderen medialen Plattformen weitergeführt werden können." Mit dieser Branche kennt sich die 38-Jährige, aufgewachsen in der US-Hauptstadt Washington, durchaus aus. Nach Abschluss des Studiums der Landwirtschaft mit Stationen über Göttingen und Israel volontierte von Staden bei Sat 1, arbeitete als Journalistin bei verschiedenen TV-Sendern wie dem European Business Channel und landete wieder in den Staaten, genauer in New York, wo sie Film studierte. Zurück in Deutschland, jobbte sie als Regieassistentin und auch als Script-Continuity-Girl - das sind Damen, die darauf achten, dass jeweils die Anschlüsse zwischen den Szenen stimmen und nicht plötzlich etwas zu sehen ist, was beim vorherigen Dreh gar nicht da war. Den Anschluss in Richtung Multimedia machte von Staden Anfang der neunziger Jahre. Als der "große Aufstieg der CD-ROM begann", orientierte sie sich um, entwickelte als freie Projektleiterin Computerspiele und konzipierte so genannte "interactive environments" für Volkswagen oder die Telekom auf Messen wie der Cebit. Und gewann eine neue Erfahrung: "Die effektive konzeptionelle Herangehensweise an neue Medien - ob off- oder online - ist primär eine räumliche. Man ist als Konzepter eigentlich ein Informationsarchitekt." Die Einbeziehung des "vielfältigen Spektrums an medialen Gestaltungsmöglichkeiten" bei der Entwicklung von Handlungen und Charakteren will die umtriebige Medienberaterin auch im Online-Entertainment vorantreiben. Insbesondere die von deutschen Programmveranstaltern derzeit praktizierte Vernetzung von Fernsehprogrammen und Internet- Angeboten sind ihr ein Dorn im Die academy of converging media in der Presse 8 Auge: "Schauen Sie sich fiktive Formate wie TV-Soaps an, die im Fernsehen laufen und eine begleitende Website haben. Diese Websites demontieren geradezu die Fiktion, indem sie das Entstehen dieser Fiktion zu erklären versuchen. Warum nur?" Von Stadens nüchterner Kommentar: "Die Site zur Soap ist eine reine Presse- oder Fansite. Mehr nicht!" Ähnlich schätzt sie auch die originär für das Internet produzierten Websoaps ein: "Netzdramen der besonders unbeholfenen Art. Neuigkeitswert: Gleich null!" Nach Ansicht von Inga von Stadens liegt das an dem teilweisen Unverständnis klassischer Produzenten gegenüber dem kommunikativen Prinzip des Internet: "Den Broadcast- Gedanken ,Ich produziere etwas, sende es und hoffe, dass die Leute es mögen' eins zu eins ins Internet zu übertragen, das wird den Möglichkeiten des Netzes nicht gerecht." Denn im Internet sind alle gleichzeitig Sender und Empfänger. Der Consumer werde zum Prosumer, eine Mischform aus Konsument und Produzent. Das müssen, sagt von Staden, vor allem die B2C-Plattformen begreifen und ihr Angebot entsprechend gestalten. Denn das, was das Internet - im Gegensatz zu den klassischen Medien - könne, ist das "gemeinsame Erspielen" von Geschichten. Wie so etwas aussehen könnte, sagt von Staden, sehe man etwa bei Online-Spielen. Fantasy-Rollenspiele im Internet wie "Ultima Online" oder "Virtual Starship" entwickeln laut von Staden "in vorbildlicher Weise" Nutzergemeinschaften um einen dramatischen Stoff herum. "Der User nimmt eine beschriebene Rolle ein und spielt sich seinem Rollenprofil entsprechend zusammen mit anderen Usern durch beschriebene oder visualisierte Szenarien und Abenteuer. Und zwar in verschiedensten Konstellationen, und wann immer man will." Das bringe Erfolgserlebnisse, die das zeitgebundene Fernsehen so nicht bieten kann, meint von Staden. Diese Form der Interaktion erfordere aber einen starken Umdenkungsprozess auf Seiten der Macher. "Die Kontrolle der Autoren, Regisseure und Produzenten eines Films oder Game - vom Script über den Schnitt bis zur Bildgestaltung - fällt zum Teil ja weg. Sie werden, wie im improvisierten Theater, eher Stichwortgeber von Rollen und Szenen sein", erklärt die Medienberaterin. Inga von Staden weiß, dass sie sich damit noch auf unsicheres Terrain begibt und Durchhaltevermögen angesagt ist: "Das sind zum Teil noch Zukunftsszenarien, wie sie in überhöhter Weise in der Cyberpunk-Literatur beschrieben werden. Aber sie werden kommen. Und dann sollte man vorbereitet sein." Vorbereitet sein auf die Erzählstrategien der Zukunft will auch die Deutsche Film- und Fernsehakademie (dffb). Sie erteilte von Staden jüngst die akademischen Weihen und beauftragte sie, zusammen mit der Multimedia-Agentur Pixelpark einen Lehrgang für konvergierende Medien ("Academy of converging media") zu konzipieren. Autoren und Multimedia- Macher will der Studiengang zusammenbringen, um interaktive Konzepte zu entwickeln und die Möglichkeiten der neuen Medien für den Fictionbereich auszuschöpfen - finanziell und technisch unterstützt durch eine Reihe von Unternehmen. In dieser Form ist der neue Studiengang ein Einzelfall im deutschen Hochschulwesen. Oder ein Präzedenzfall.

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